Jetzt ist es raus... "Spaß ist, wenn man trotzdem lacht"

20.09.2014 13:46
Da öffne ich morgens meine unzähligen Fan-Mails und was flattert mir entgegen? Eine Unverschämtheit, ... So war das nie abgesprochen, so lautete nie der Vertrag, aber bevor es irgendwer veröffentlicht, mache ich es selbst. 
Ihr habt doch nicht wirklich erwartet, dass jemand meinen Schund wirklich freiwillig mit 5 Sternen bewertet, oder? Aber Lillith, dass du mir das antust? Ich bin enttäuscht. 
Wünsche dir trotzdem einen angenehmen Ruhestand 

Rigor Mortis

 

Hallo ihr Lieben,

ich bin Lilith. Genau, DIE Lilith. Von GayBooks.com. Die It-Bloggerin der deutschen „Gay – Literaturszene“. Es ist mir eine Ehre. Na ja, eigentlich sollte es das eher für Euch sein. Schließlich beehre ich nicht jeden mit meiner Anwesenheit.

Ihr fragt Euch sicher, warum ich schon jetzt meine Memoiren veröffentliche. Ist ja mit 28 nicht ganz so gängig. Eigentlich wollte ich mich erst in zwei Jahren, mit Dreißig, zur Ruhe setzen, aber leider wurde mein schöner Plan zunichte gemacht.

Eine Autorin ist mir in die Quere gekommen. Lotta Lottendorfer. Vermutlich verletzter Stolz. Trotz zahlreicher Anfragen ihrerseits, hab ich sie nie zu einem Interview eingeladen. Das hat wohl ziemlich an ihrem Ego gekratzt und jetzt hab ich den Salat. Sie hat meine Rezensionen genau unter die Lupe genommen, hat meine heile Welt bröckeln lassen. Der Thron droht zu stürzen. Also werde ich mich jetzt schon zurückziehen, um nicht zusehen zu müssen, wie mein Lebenswerk den Bach runter geht.

Auf die Idee, Rezensionen nach versteckten Botschaften zu durchsuchen, muss man ja erst mal kommen. Leider war die o.g. Autorin sehr hartnäckig und hat auch immer wieder ihre bösen und verleumderischen Vermutungen auf Facebook verbreitet. Ein Unding. Einige Leser sind danach abgesprungen und ich habe kurz darauf meinen Blog still gelegt. Ich konnte das einfach nicht mehr mitansehen.

Wenn ihr mich sehen könntet. Strähnige Haare, rotunterlaufene Augen und Dauerschluckauf. Ihr würdet nie glauben, dass ich, in meiner momentanen Verfassung, etwas mit dieser hübschen Blondine auf meinem Blog zu tun habe. Ich könnte vor lauter Wut Feuer spucken.

Ein Glück, dass sie sich freiwillig in das Zeugenschutzprogramm für gefährdete Autoren begeben hat. Wer weiß, wie ein Aufeinandertreffen zwischen uns ausgegangen wäre. Ich war noch nie so wütend. Wie kann sich diese Person erdreisten, meinen guten Namen und meine Arbeit so in den Dreck zu ziehen? Jetzt heule ich schon wieder. Verdammt.

***

Aber genug gejammert. Ich will Euch mal einen kleinen Blick in das geheiligte Bloggerleben geben. Nicht alles ist so toll, wie es den Anschein hat. Blogger haben es gar nicht so leicht. Es ist ein täglicher Kampf ums Überleben und um die Position an der Spitze. Eine wahre Schlangengrube voller hungriger Kobras.

Wenn man mit Bloggen anfängt, dann ist man noch total idealistisch. Man möchte die Welt verbessern, Autoren zu Ruhm verhelfen und Nicht-Leser bekehren. Hört sich alles super an. Aber das Tollste ist natürlich: man bekommt kostenlose Bücher. Wahnsinn!! Der Traum eines jeden Lesers. Doch der verwandelt sich schneller in einen Albtraum, als einem lieb ist. Verlage und Autoren überschütten den Blogger mit Büchern, Ebooks und Werbematerial. Die Zeit zerrinnt zwischen den Fingern. Das Privatleben ist nicht mehr existent. Man nagt am Hungertuch, weil man ständig lesen muss und keine Zeit mehr zum Essen hat und irgendwann geht auch das Geld aus, denn mit dem Buch in der Hand, kommt man bei der Arbeit nicht so gut an. Dann muss man die Entscheidung treffen. Bloggen oder Leben?

Ich hab mich für beides entschieden, dafür aber meine Seele verkauft. Ja, ihr hört richtig. Ich bin käuflich. Ich bin eine sehr exklusive und teure Buchschlampe. Irgendwie muss man ja seinen Lebensunterhalt finanzieren, wenn die ganze Zeit für den Blog draufgeht. Und ich bin bei Weitem nicht die Einzige, die das so macht. Nur treiben sich diese Blogger in billigeren Preisklassen rum.

Aber wie funktioniert das eigentlich?

Am Anfang gehört natürlich das Klinkenputzen dazu. Man muss den Autoren das Gefühl geben etwas ganz Besonderes zu sein. Ein bisschen verschüchtert und ehrfürchtig und fertig ist der perfekte Köder. Bei mir hat es ganze eineinhalb Jahre gedauert, bis mir die Autoren und meine Blogleser zu Füßen lagen. Und jetzt machen sie das, was ich will. Willenlose Marionetten, die ich nach meinem Belieben benutzen kann.

Wer mit seinem Buch auf meinen Blog will, muss blechen. Ein Interview gleicht einer Heiligsprechung. Wer bei mir war, hat es geschafft. Alle Türen stehen weit offen, der Weg in eine strahlende und erfolgreiche Zukunft ist geebnet.

Allerdings kann mein Blog auch das Verderben sein. Man nennt mich nicht umsonst „die Todesbloggerin“. Ich gehe über Autorenleichen. Mein  Wort ist Gesetz und wer bei mir durchfällt ist fertig mit der Buchwelt, denn niemand wird dieses Buch kaufen. Etliche ruinierte Existenzen pflastern meinen Weg. Aber ganz ehrlich: mir ist das scheißegal. Hier geht’s um mich. Um mein Leben. Ich will mindestens drei Mal im Jahr in den Urlaub. Vornehmlich in die Karibik und ein eigenes Loft und ein Butler muss auch sein. So lässt es sich leben. Aber von nichts kommt nichts. Hier mal ein kleiner Einblick in meine Preisliste. Die Preise steigen übrigens mit Bekanntheitsgrad.

 

1 * Rezi

2 * Rezi

3 * Rezi

4 * Rezi

5 * Rezi

1* für Konkurrent

SPler

50€

100€

150€

300€

500€

1000€

Verlag

150€

300€

500€

1000€

1500€

3000€

 

Qualität hat seinen Preis. Schließlich habe ich auch ein Literaturstudium hinter mir. Meine Rezensionen sind aussagekräftig und vor allem leidenschaftlich. Aber nicht immer von mir. Ja, ich lasse mich nicht nur für das Rezensionen schreiben bezahlen, oftmals vergüten mich die Autoren auch nur fürs online stellen. So mancher Autor schreibt sich die 5 Sterne Rezensionen gerne selbst und ich bekomme das Geld und ein Ebook. Das gibt aber keinen Abzug bei der Bezahlung, schließlich muss ich das Theater ausbaden, wenn sie nicht ankommt. Wenn ich es dann irgendwann mal lese und meine Meinung mit der des Autors vergleiche, tja, da muss ich dann manchmal schon aufpassen, dass ich nicht vor Lachen vom Stuhl kippe. Manche Leute haben eine Selbstüberschätzung. Köstlich.

Es gibt aber auch die Möglichkeit die Kollegen „fertig zu machen“. Wie? Ganz einfach. Wer genügend bezahlt, der kann sich eine 1* Rezension für seinen schärfsten Konkurrenten kaufen. Ich lese mir dann das Buch durch und reite dann auf jedem kleinen Fehler rum, der natürlich noch mal schön aufgebauscht wird und schon ist der gehasste Kollege in Ungnade gefallen. Schließlich boykottieren meine Leser alles, was ich für schlecht empfinde. Neid kann ganz schön böse sein. Aber was interessiert es mich, solange alle nach meiner Pfeife tanzen und das Geld stimmt.

Leider stehen viele Autoren, gerade Selfpublisher, vor dem Problem, wie sich mich bezahlen sollen. Eine 1* Rezension kann sich jeder leisten, aber eine 5* Sterne Rezension ist gar nicht so günstig. Die Ideen sind kreativ. Mein Favorit ist der Autor Guy Gaylord. Ja, der heißt wirklich so.

Guy hat mir, zusammen mit seinem Buch, eine DVD geschickt. Aber nicht irgendeine, sondern einen Heim-Porno. Er und sein Freund haben sich beim Sex gefilmt. Am Anfang war ich erstaunt und wusste nicht so recht, was ich davon halten soll, aber die beiden sind wirklich heiß. Ich hab mir die Aufnahme bestimmt schon hundert Mal angeschaut. Seufz. Jetzt wird mir schon wieder ganz anders. Puh.

Für diese Idee und den schweren körperlichen Einsatz, gab es natürlich die volle Punktzahl. Guy wurde über Nacht zum Star der schwulen Literatur. Das hieß natürlich auch, dass die Preise senkrecht nach oben schossen. Doch Guy hat Gefallen an der ungewöhnlichen Bezahlung gefunden und ich, ehrlich gesagt, auch. Für die nächste Rezension wurde ich zu ihnen nach Hause eingeladen. Feldforschung sozusagen. Live und in Farbe. Ich saß neben ihnen, als sie Sex hatten. Meine Güte, das war mit Abstand das Heißeste, das ich je erlebt habe. Noch heute versinke ich in glühender Ekstase, wenn ich an das erste von vielen dieser Treffen denke. Während die beiden ihre Liebe zelebrierten und vor Lust schrien, konnte ich mich nicht satt sehen. Die knackigen Pobacken, die unter der Haut arbeitenden Muskeln und natürlich die Kronjuwelen, die bei Guy und seinem Freund wirklich nicht zu verachten waren. Was glaubt ihr wohl, wie die Artikel, zur „Authentizität  in der schwulen Literatur“, zu Stande kam? Ich hab mich selbstlos in dieses Abenteuer gestürzt und am lebenden Objekt geforscht.

Doch die Zeiten sind leider vorbei. Vielen Dank Lotta Lottendorfer. Ich hoffe du schmorst in der Hölle.

***

So, das war nur ein kleiner Einblick in meine Bloggerwelt. Wenn ihr mehr wollt, dann müsst ihr Euch noch etwas gedulden. Meine kompletten Memoiren erscheinen nächstes Jahr. Natürlich mit den entsprechenden, sehr guten Rezensionen. Wie sich das gehört.

Ihr seht, das Blogger- und auch Autorentum ist nicht immer ganz so friedlich und sauber, wie man denkt. Wenn ihr das nächste Mal einen Blog besucht, dann schaut Euch genau um. Es könnte sich um eine „Buchschlampe“ handeln. Ich bezweifle, dass ich es lange ohne Bloggen aushalte. Geld habe ich genug, aber die Aufmerksamkeit wird mir fehlen. Ja, ich bin sensationsgeil. Vielleicht komme ich bald mal wieder. Mit einem neuen Blog und einer neuen Bloggeridentität.

See you,

Lilith. 

 
Es handelt sich hier um eine Satire*, die von Seiten des Seiteninhabers und des Ersteller des Beitrages verfasst wurde.
 
*Erklärung zur Satire:

Satire ist in der älteren Bedeutung des Begriffs eine Spottdichtung, die Zustände oder Missstände in sprachlich überspitzter und verspottender Form thematisiert. Im heutigen Sprachgebrauch versteht man darunter aber meist einen künstlerisch gestalteten Prosatext, in dem Personen, Ereignisse oder Zustände verspottet oder angeprangert werden. Historische Bezeichnungen sind auch SpottschriftStachelschrift und Pasquill (gegen Personen gerichtete satirische Schmähschrift).